Akademische Biographie
Im akademischen Jahre 2021/2022 vertritt Tanja Skambraks den Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte der Universität Mannheim. Seit 2015 ist sie hier akademische Rätin auf Zeit. Im März 2021 erwarb sie die venia legendi für das Fach Mittelalterliche Geschichte mit einer Habilitationsschrift zum Thema: „Karitativer Kredit. Die Monti di Pietà, franziskanische Wirtschaftsethik und städtische Sozialpolitik in Italien“.
2014 wurde sie an der Universität Mannheim mit einer Arbeit über das Kinderbischofsfest im Mittelalter promoviert. Die Arbeit wurde 2014 mit dem Universitätspreis für Sprache und Wissenschaft ausgezeichnet. Mehrere Forschungsaufenthalte führten sie nach London, Rom, Perugia und Boston. Von 2006 bis 2010 war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte in Mannheim tätig. 2009 bis 2011 war sie Stipendiatin der Gerda Henkel Stiftung. Das Studium der Mittelalterlichen Geschichte, Anglistik und Kommunikationswissenschaft absolvierte sie von 1999 bis 2006 an der TU Dresden und der University of Edinburgh.
Sie lehrt regelmäßig zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte, zur Stadtgeschichte sowie zu religions- und kirchengeschichtlichen Themen.
Die Habilitationsschrift
Die Habilitationsschrift von Tanja Skambraks behandelt die Entstehung und Genese der Monti di Pietà („Berge der Barmherzigkeit“) von der Mitte des 15. Jahrhunderts bis ins späte 16. Jahrhundert in Italien. Diese Pfandleihhäuser vergaben Kleinkredite gegen Pfand und einen geringen Zinssatz an die arbeitenden Armen (Handwerker, Tagelöhner, Witwen, etc.). Neben diesen Notkrediten, wie sie auch heute noch in Krisenzeiten gefragt sind, fungierten die Monti auch als Bankinstitute, indem sie Girogeschäfte und Depositeneinlagen anboten. Dieses innovative sozialpolitische Projekt wurde insbesondere von Franziskanern als Wohltätigkeitsorganisation ohne Gewinnstreben propagiert, von städtischen Oligarchen installiert und von städtischen Beamten geführt.
Die Arbeit leistet einen Beitrag zur Geschichte des vormodernen (Klein-)Kredits und Bankenwesens sowie der Armenfürsorge und zur Entstehung einer dezentral organisierten städtischen Wohlfahrt in der Vormoderne.
Forschungsinteressen und -projekte
Ihre Forschungsinteressen liegen bei den Themenbereichen Kredit und Marktteilhabe, Schulden, Wirtschaftsethik, soziale Arbeit sowie materielle Kultur und Ritualforschung. Im Rahmen des Projektes „Kleinkredit und Marktteilhabe“ betreut sie bereits seit 2018 ein von der DFG gefördertes Promotionsprojekt zu „Kreditbeziehungen der Kleriker der Kathedrale von St. Paul’s im spätmittelalterlichen London“.
Ihre aktuellen Forschungsprojekte beschäftigen sich mit zwei römischen Schuldenbruderschaften und sozialer Arbeit im 16. und 17. Jahrhundert, mit städtischen Leihhäusern und Kleinkredit in Nürnberg und Augsburg (15. bis 17. Jh.) sowie mit der „Moralischen Ökonomie“ in interdisziplinärer Perspektive. Seit 2020 arbeitet sie an einem neuen Buchprojekt zu Kerbhölzern. Das Projekt verbindet die materielle Kultur mit der Frage nach Techniken der Wissensspeicherung und Verwaltung in europäischer Perspektive zwischen 500 und ca.1800.
Die Einbeziehung und Weiterentwicklung von Methoden und Theorien in Forschung und Lehre sind ihr zentrales Anliegen. In dem DFG-finanzierten internationalen Netzwerk „Kalkulieren, Handeln, Wahrnehmen. Für eine neue Methodik der spätmittelalterlichen Wirtschaftsgeschichte“ (2015–2018) erarbeitete sie als Teil eines zehnköpfigen Autorenkollektivs und als eine von drei Herausgeberinnen ein 2019 erschienenes englischsprachiges Methoden-und Theoriehandbuch zur Wirtschaftsgeschichte. Der von ihr 2013 mitgegründete Arbeitskreis für spätmittelalterliche Wirtschaftsgeschichte stellt ein bereits gut etabliertes und durch einen Förderverein langfristig gesichertes Netzwerk dar, welches sich dezidiert Methodenfragen widmet.