Louisa van der Does ist Doktorandin am Lehrstuhl für Zeitgeschichte.
Sie studierte Geschichte und Anglistik an der Universität Mannheim. 2018 schloss sie das Studium mit einer Master-Arbeit zur NS-Zwangssterilisation ab. Von 2019–2022 arbeitete sie für das MARCHIVUM im Bereich NS-Dokumentationszentrum.
Mannheims Bordellgasse wurde im Jahre 1903 als Reaktion der Ordnungsmacht auf das „Dirnenunwesen“ ins Leben gerufen. In den fast 120 Jahren ihres Bestehens war sie immer (auch) Ort der Prostitution in Mannheim, obwohl es durch Stadt und Gesellschaft wiederholt Versuche gab, dies zu ändern. Weder Verbote noch Initiativen zur Umsiedelung des als Schandfleck empfundenen Rotlichtbezirks hatten jedoch eine langfristige Wirkung – bis heute wird Prostitution in der neunzehnten Querstraße der Neckarstadt-West ausgeübt.
Das Dissertationsvorhaben fokussiert sich auf den konkreten Bereich der Lupinenstraße (vor 1961: Gutemannstraße) beziehungsweise ihrer unmittelbaren Umgebung und nutzt die Perspektive des spatial turn, um diesen Bereich in der Stadtgeschichte zu ver-„orten“. Hier entsteht ein Geschichtsnarrativ im Kleinen; entsteht Mikrogeschichte. Diese kann zugleich als Spiegel für regionales und überregionales Geschehen sowie als Vergleich für die Situation in anderen deutschen Städten dienen. Es ergibt sich dabei ganz selbstverständlich, der Aufforderung des Historikers Karl Schlögel zu folgen und im Raum die Zeit zu lesen.
Untersucht werden die Konstitution und Transformation des Raums durch die lokalen Akteure. Dazu gehört die Raumoberfläche, die sich besonders frappierend verändert durch Zerstörungen im Luftkrieg oder die Abriegelung in den 1960-er Jahren. Aber auch soziale Prozesse, Beziehungen und Konstellationen unterliegen dem Wandel. Hier ist der Blick von peripher eingebundenen Personen, wie etwa Anwohnern, die sich in einem Zwischenraum jenseits von drinnen und draußen befinden, zu berücksichtigen. Zuletzt sollen affektive Bezüge zum Raum betrachtet werden, der durch die Gesellschaft ständig neu imaginiert und bewertet wird.
Methodisch stützt sich das Forschungsprojekt unter anderem auch auf Zeitzeugengespräche. Menschen, die es durch ihre Erinnerungen bereichern und unterstützen möchten, sind gebeten, ihr Wissen zu teilen und den Lehrstuhl für Zeitgeschichte zu kontaktieren. Da das Sekretariat des Lehrstuhls für Zeitgeschichte bis 31. August 2022 unbesetzt ist, wenden Sie sich hierfür bitte an Herrn Kosma: ljkosma
mail.uni-mannheim.de„Ein Arzt wurde nicht hinzugezogen…“ Leben und Sterben von Mannheimer ZwangsarbeiterInnen 1939–1945, in: Mannheimer Geschichtsblätter 43/
NS-„Euthanasie“ und Zwangssterilisation in der Pfalz am Beispiel der Stadt Speyer, in: Angela Borgstedt/