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Forschung

Das Forschungs­feld am Lehr­stuhl Neuere Germanistik I ist die Neuere deutsche Literatur vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart.

Vorrangig wird gegenwärtig erforscht:

  • Sturm und Drang; Spätaufklärung; Klassik (Insbesondere Goethe); Literatur im deutschsprachigen Südwesten 1815 – 1848; Literatur nach 1945

    Diese historische Forschung ist eng mit Forschung in theoretischer Absicht verbunden, deren Ziel v.a. die Erarbeitung einer sinnvollen Konzeption von Literatur­wissenschaft als Kultur- oder Zivilisations­wissenschaft ist.

  • Literatur und Theorie der Zivilisation; Gattungs­poetik und Ästhetik; Gender Studies

    Diese Forschungs­schwerpunkte bezeichnen nicht zuletzt auch spezifische Arbeits­bereiche und Arbeits­vorhaben der MitarbeiterInnen des Lehr­stuhls (teilweise als Habilitations­projekte).

  • Literatur und Zivilisations­prozess im deutschen Südwesten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts

    In der Epoche zwischen 1815 und 1848 vollziehen sich in den deutschen Staaten tiefgreifende soziale Veränderungen, die für die weitere Entwicklung bis weit ins 20. Jahrhundert hinein grundlegend sind. Das gilt etwa im ökonomischen und sozialen Bereich mit der einsetzenden Industrialisierung und ihren Folgen, vor allem aber auch im Bereich der „Mentalitäten“, der zivilisierten Standards; der bürgerliche „soziale Habitus“ wird endgültig etabliert. In einem hohen Maße vollzieht sich dieser Wandlungs­prozess unter der scheinbar ruhigen Oberfläche der „Biedermeierzeit“ (Friedrich Sengle); die Veränderungen bleiben weitgehend dar­unter verborgen und treten vor der Jahrhundertmitte nur „verschoben“ ins Bewusstsein. Dabei spielt die Literatur eine zentrale Rolle. Im literarischen Diskurs der Zeit werden die zivilisatorischen Veränderungen registriert und reflektiert – in den „anantgardistischen“ Tendenzen („Junges Deutschland“, Heine, „Vormärz“) ebenso wie in den eher traditionellen (z.B. bei Immermann, Platen oder Stifter). Die literarische Entwicklung ist deshalb bestimmt von erheblichen Spannungen und Widersprüchen, etwa der Spannung zwischen der (Wieder-)Aufnahme literarischer Formen der Aufklärung oder dem Rückgriff auf antike Formen einerseits und der ersten Ausbildung von Formen der „Moderne“ andererseits (z.B. im „journalistischen“ Schreiben des „Jungen Deutschlands“ und Heines oder in der Lyrik etwa bei Mörike). Widersprüchlichkeitund Einheitlichkeit dieser literarischen Entwicklung gleichermaßen als Ausdruck wie als Reflexion der zivilisatorischen Veränderungen zu verstehen, ist das zentrale Ziel des Projekts; dabei soll gleichermaßen die Rekonstruktion der Strukturen des literatur­historischen Prozesses insgesamt erarbeitet und die Deutung einzelner Werke im Kontext des Prozesses geleistet werden. Das Projekt ist konzentriert auf die Literatur des deutschen Südwestens, insbesondere die Württembergs. Diese ist für die zivilisations­historische Problemstelleung in besonderer Weise geeignet, weil hier die literarische Entwicklung von einer relativ geschlossenen Gruppe (Figuration) getragen wird, deren Homogenität u.a. in Tradition (Protestantismus), relativ einheitlicher Ausbildung („Klosterschulen“, Tübinger „Stift“) und engen persönlichen Bindungen begründet ist. Zugleich sind in der literarischen Entwicklung dieser Region die allgemeinen Spannungs­verhältnisse der Epoche in besonderer Weise präsent; als Beispiel sei nur auf so unterschiedliche Autoren wie Eduard Mörike und Georg Herwegh verwiesen, die beide in ihrer literarischen Produktion gleichermaßen von der „Region“ (Herkunft, Ausbildung) wie von der allgemeinen Entwicklungen geprägt sind. Die Frage zu beantworten, wie solche spannungs­reiche Vielfalt möglich wurde, ist eines der Ziele des Projektes, in dessen erster Phase vor allem prosaepische Texte der Zeit untersucht werden sollen.