Joshua Haberkern ist Doktorand am Lehrstuhl für Zeitgeschichte und seit August 2023 Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsprojekt „Zwischen Exzellenz und Expansion: Südwestdeutsche Wissenschaftspolitik von 1978 bis heute“, welches vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg gefördert wird.
Zuvor studierte er Geschichte, BWL und Ethnologie in Heidelberg, Mannheim und Prag. Seit 2019 ist er am Lehrstuhl für Zeitgeschichte beschäftigt: Zunächst als studentische Hilfskraft und Tutor im Fach Intercultural Studies, später als Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Lehrperson in verschiedenen Proseminaren.
Im FSS 2024 begleitet er das Hauptseminar „Forschungsprimus? Hochschulen und Wissenschaft in Baden-Württemberg seit den 1960er Jahren“
Dissertationsprojekt
Baden-württembergische Wissenschaftsgeschichte
Eine neoliberale Wende? Die Wissenschafts- und Hochschulpolitik in Baden-Württemberg zwischen den 1980er und 2000er Jahren
Die massive Hochschulexpansion der 1960er und 1970er Jahre mitsamt einer Multiplizierung der Studierendenzahlen machte eine tiefgreifende Reform der bundesdeutschen Universitätslandschaft unumgänglich, allein ihre Ausgestaltung blieb zeitgenössisch wie retrospektiv höchst umstritten. Dieses Promotionsvorhaben hat das Ziel, durch akteurszentrierte wie netzwerk- und systemtheoretische Zugänge den komplexen Aushandlungsprozess dieser Reform von den späten 1980er Jahren bis in die frühen 2000er nachzuverfolgen, an dessen Ende sich mit dem Bologna-Prozess sowie der Exzellenz-Initiative zwei Herolde eines neuen universitären Zeitalters ankündigten. Dass diese hochschulpolitische Wende bisher mit Begriffen wie der „Ökonomisierung“ bzw. der „Neoliberalisierung“ der Universitätslandschaft umschrieben wurden, kommt nicht von ungefähr: Drittmittel-Abhängigkeiten, interne wie externe Wettbewerbsparadigmen, universitäre Schwerpunktbildung und Profilierung sowie die vermeintliche innere Transformation zur „Service-Universität“ prägten ein Umfeld des Bildungsutilitarismus, in dem der Wert der Institution Universität anhand ihrer Rentabilität sowie ihrer Nützlichkeit gemessen wird.
Als Fallbeispiel dient der Promotion die Wissenschaftspolitik des Landes Baden-Württemberg beziehungsweise seines Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Gemeinsam mit den diversen sonstigen Akteuren der Bildungslandschaft – etwa der Landesrektorenkonferenz, der Westdeutschen bzw. später gesamtdeutschen Hochschulrektorenkonferenz und nicht zuletzt den zwischen freiheitsstiftenden Globalhaushalten und einengender Bürokratisierung um ihre Autonomie lavierenden Universitäten – bildete das Ministerium die Schaltzentrale einer Reform, deren Beschaffenheit, Ausmaße und Auswüchse vielmehr das Ergebnis eines Aushandlungsprozesses als einer geplanten Transformation waren. Nicht zuletzt waren es die „Stakeholder“ der Universität – Professoren, Studierende, Verwaltung oder auch die zumeist medial vermittelte Öffentlichkeit – die mit ihren Gegenwartsbeschreibungen zu einer ungeordneten, bisweilen chaotischen, jedoch stets krisenhaften Polyphonie beitrugen.
Als zentrale Quellen dienen der Promotion vorwiegend die Bestände des MWKs im Hauptstaatsarchiv in Stuttgart, ergänzt durch exemplarische Fallstudien anhand der Bestände ausgewählter Universitätsarchive.