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Zwei Seiten derselben Medaille: Öffentliches Vertrauen in Wissenschaft und das Vertrauen der Wissenschaft­ler in die Öffentlichkeit

Kooperations­projekt der Universität Mannheim und der Universität Düsseldorf, gefördert von der DFG

In einer Ausnahmesituation wie der Covid-19-Pandemie ist deutlich geworden, dass in den westlichen Gesellschaften ein Übergang stattfindet: von einer selbstverständlichen Akzeptanz von Wissenschaft hin zu einer Wahrnehmung von Wissenschaft als Risiko. Da politische Entscheidungen, die auf wissenschaft­licher Forschung und Beratung beruhen, auf Kritik und teilweise auch Widerstand stoßen, wird die Wissenschaft in diese Konflikte mit hineingezogen. Wenn der Fokus der öffentlichen Debatten so vom Wissen selbst auf die Vertrauenswürdigkeit des Wissensproduzenten schwenkt, spielt das „public engagement“ der Wissenschaft eine wichtige Rolle. Wenn Wissenschaft­ler*innen nämlich aufgrund negativer Erfahrungen das Vertrauen in die Rationalität der öffentlichen Kommunikation verlieren und auf ihr Engagement verzichten, wäre eine wichtige Stütze für das Vertrauen in die Wissenschaft verloren.

Vertrauen in die Wissenschaft ist wie eine Münze mit zwei Seiten: Die eine Seite ist die Perspektive der Bevölkerung, die in einer Zeit hoher Ungewissheit das Risiko sieht, sich auf wissenschaft­liche Ergebnisse zu verlassen, und die deshalb nach Indikatoren für ihr Vertrauen sucht. Die andere Seite ist die Perspektive der Wissenschaft­ler*innen: Diese könnten die Rationalität öffentlicher Diskussionsprozesse in Frage stellen, da sie sie als riskant für ihren Ruf und sogar für ihre Sicherheit ansehen. Das Kooperations­projekt, das aus zwei unabhängigen Teil­projekten besteht, will daher beide Perspektiven gleichzeitig beleuchten.

Öffentliches Vertrauen in Wissenschaft

Das Mannheimer Teil­projekt unter der Leitung von Prof. Dr. Matthias Kohring modelliert die Architektur des öffentlichen Vertrauens in die Wissenschaft, bestehend aus Risikowahrnehmungen, Vertrauenserwartungen, Gründen für Vertrauen und Konsequenzen von Vertrauen – oder Misstrauen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Wahrnehmung von Wissenschaft­ler*innen als Kommunikator*innen. Das Programm kombiniert eine ausführliche explorative Phase mit der Entwicklung eines standardisierten Erhebungs­instruments. Zudem sollen die medialen Einflüsse auf die Ausprägung des Vertrauens in Wissenschaft untersucht werden. Zum Mannheimer Projekt gehören neben Matthias Kohring Christine Petersen und Fabian Zimmermann.

Das Vertrauen von Wissenschaft­ler*innen in die Öffentlichkeit

Das Düsseldorfer Teil­projekt unter Leitung von Prof. Dr. Frank Marcinkowski untersucht, wie Wissenschaft­ler*innen die öffentliche Rolle der Wissenschaft während der ersten Phase der Covid-19-Pandemie wahrgenommen haben. Es fragt, ob sich dadurch die Einstellung zum Dialog mit der Öffentlichkeit, den Medien und Interessen­gruppen verändert haben könnte und welches Kommunikations­verhalten daraus folgt. Das Programm sieht eine standardisierte Befragung von Wissenschaft­ler*innen und Leitfadengespräche mit besonders „sichtbaren“ und weitgehend „unsichtbaren“ Wissenschaft­ler*innen vor. Zum Zum Düsseldorfer Projekt gehören neben Frank Marcinkowski Hella Elise de Haas und Sarah Kohler.

Die Synthese beider Teil­projekte ermöglicht eine umfassende Bestandsaufnahme des wechselseitigen Vertrauens­verhältnisses von Wissenschaft und Öffentlichkeit. Aus dieser umfassenden Analyse leiten wir Empfehlungen für die Wissenschafts­kommunikation und insbesondere für das Kommunikations­verhalten von Wissenschaft­ler*innen ab, um über die Covid-19-Pandemie hinaus das Vertrauens­verhältnis zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit zu stabilisieren.