Frauen und Märkte
Die Rolle von Frauen im mittelalterlichen Wirtschaftslebens ist notorisch unterbeforscht. Nach wie vor dominiert die Vorstellung von der wirtschaftlich unmündigen Frau, deren Platz am Herd gewesen sei. Dieses Bild stammt aus dem 19. Jahrhundert und hat wenig mit den Verhältnissen des Mittelalters zu tun. Hier besteht ein dringendes Forschungsdesiderat. Das Projekt leistet Grundlagenforschung in der Analyse von Dokumenten auf der Mikroebene mittelalterlichen Wirtschaftslebens, wie z.B. Notariatsakten, Rechnungsbücher aus Frauenklöstern oder städtische Schuldbücher. Wir arbeiten zusammen u.a. mit dem Projekt zur Erforschung der Klosterneuburger Bestände von Martin Haltrich und Christina Jackel, unter Leitung von Eva Schlotheuber (Düsseldorf), Stefan Müller (Wien), Jeffrey Hamburger (Harvard).
Die Rolle der Frauen in der vormodernen Kreditwirtschaft
Das Projekt widmet sich Frauen als Kreditgeberinnen, Schuldnerinnen und Entscheidungsträgerinnen auf den Finanzmärkten von Montpellier im 13. und 14. Jahrhundert. Hierzu werden Notariatsregister untersucht und eine Datenbank (Les femmes dans l ́économie de Montpellier médiévale = FEM) erstellt, um die Aktivitäten von Frauen überblicksartig darzustellen.
Rechnungsbücher mittelalterlicher Frauenklöster
Die Rechnungsbücher aus den Frauenkonventen in Kirchheim unter Teck und Klosterneuburg bei Wien sind ein wahrer Glücksfall für die historische Forschung. Neben Auskünften über die verschiedenen Handelspartner der Klosterfrauen wie Bauern, Winzer oder Handwerker, informieren die Quellen auch über Details, wie z.B. über den Lohn eines klösterlichen Fuhrunternehmers. Die Rechnungsbücher ermöglichen Einblicke in den Alltag und die Wirtschaftsführung einer mittelalterlichen Lebensgemeinschaft von Frauen.
Projekte
Bachelorarbeit von Selma Korbach
„Das Rechnungsbuch der Barbara von Speyer“
Die Bachelorarbeit versucht durch eine quantitative Auswertung der Daten aus dem Rechnungsbuch der Barbara von Speyer die Ausgaben für Lebensmittel (Kapitel Eier, Fisch, Küche und Spezerei) für das Dominikanerinnenkloster Kirchheim unter Teck zu rekonstruieren und anhand derer Rückschlüsse auf den Lebensstandard der Nonnen zu ziehen. Hierbei werden die Transaktionsdaten aus der Teiltranskription zunächst kapitelweise in mehrere Excel-Tabellen übertragen, die einen besseren Überblick verschaffen und die Datenauswertung erleichtern. In einem zweiten Schritt werden dann die jeweiligen Kapitel für sich ausgewertet. Und zuletzt findet eine kapitelübergreifende Analyse statt. Eingebettet werden die Ergebnisse der Auswertung in den historischen Kontext, vor allem in den Streit zwischen dem Kloster und seinem Schirmherren, und in die aktuelle Forschungsdiskussion.
Studie zur Ernährung der Kirchheimer Nonnen
„Stockfisch, Honig, Gänsefleisch und Safran. Studie zur Ernährung der Kirchheimer Nonnen nach dem Rechnungsbuch der Barbara von Speyer (1481-85)“
von Julia Petar Kevrić, Verena Weller, Selma Korbach, Annette Kehnel, Maria-Magdalena Rückert.
Das Rechnungsbuch der Schaffnerin Barbara von Speyer listet Einnahmen und Ausgaben des Dominikanerinnenkonvents St. Johannes Baptista in Kirchheim unter Teck für die Jahre 1481 bis 1485 auf. Neben Auskünften über die verschiedenen Handelspartner der Klosterfrauen wie Bauern, Winzer oder Handwerker, informiert die Quelle auch über Details, wie z.B. die Kosten für ein neues Fenster im Refektorium oder über den Lohn eines klösterlichen Fuhrunternehmers. Die Quelle ermöglicht Einblicke in den Alltag und die Wirtschaftsführung einer mittelalterlichen Lebensgemeinschaft von Frauen. Im hier vorgelegten Beitrag konzentrieren wir uns auf die Ausgaben für Lebensmittel, besonders für Fisch, Früchte, Fleisch oder Gewürze (fol. 75r bis 86v) und damit auf Fragen zur Ernährung, zu den Lebenshaltungskosten und zum Lebensstandard in einem schwäbischen Frauenkloster.
Beitrag von Annette Kehnel und Maria-Magdalena Rückert
„Das Rechnungsbuch der Barbara von Speyer (1478 – 1486): Auswahltranskription des Kirchheimer Rechnungsbuches der Barbara von Speyer – Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 493 Bü 1“
Der Beitrag präsentiert eine Teiltranskription des Rechnungsbuches der Barbara von Speyer, von Kirchheim unter Teck, in den Jahren 1478 bis 1486. Es bietet Einblicke in das tägliche Leben von Frauen, die in einer dominikanischen Gemeinschaft in Süddeutschland lebten. Barbara, die für die Buchführung zuständig war, listete sorgfältig die Einnahmen und Ausgaben des Gemeinschaftshaushalts auf. Wir erfahren von den Kosten für Eier, Fisch, Wein, Butter, Obst und Gemüse usw., aber auch von Luxusgütern wie Pelzen oder teuren Gewürzen wie Safran. Ihre Buchführung gibt auch Aufschluss über die Löhne, die die Nonnen an ihre Arbeiter in den Weinbergen, an die Zimmerleute oder für Transport- und Reparaturdienste zahlten.