LifeHack (2025)

Der Film Noviembre ist ein kolumbianischer Politthriller von Regisseur Tomás Corredor, der 2025 produziert wurde und beim IFFMH seine Deutschlandpremiere feierte. Er behandelt einen der schwierigsten Momente in der Geschichte Kolumbiens: die Belagerung des Justizpalastes im November 1985.
Ein enger Raum, ein andauerndes Warten und die ständige Angst vor dem Tod. Noviembre macht Geschichte spürbar – nicht durch große Bilder, sondern durch Nähe und Angst.
Noviembre handelt von der Toma del Palacio de Justicia (der Besetzung des Justizpalastes) 1985 in Bogotá. Eine Gruppe von Guerilleros des M-19 verschanzt sich mit Geiseln, Angestellt*innen, Zivilist*innen und Richter*innen in einem kleinen Badezimmer des Gebäudes. Während draußen die Armee das Gebäude stürmt und Schüsse sowie Explosionen immer näher rücken, sitzen alle auf engstem Raum fest. Über 27 Stunden lang erleben sie Hunger, Angst, Misstrauen, Hoffnung und den Kampf ums Überleben.
Der Großteil des Films spielt in einem einzigen Raum, dem Badezimmer. Die extreme räumliche Begrenzung verstärkt die Anspannung und zwingt das Publikum dazu, die Situation unentrinnbar mitzuerleben. Auch Kamera und Ton bleiben konsequent nah an den Figuren. So verzichtet der Film fast komplett auf Musik. Gedämpfte Geräusche, wie Atmen und Stöhnen, erzeugen eine bedrängende Atmosphäre. Außerdem entscheidet sich Corredor gegen spektakuläre Kriegs- oder Actioninszenierungen. Außenaufnahmen aus realen Archiven kontrastieren mit den kammerspielartigen Szenen im Inneren des Badezimmers. Besonders an dem Film ist auch, dass er auf eine zentrale Hauptfigur verzichtet. Die Stimmen, Ängste und Perspektiven vieler Personen bilden gemeinsam die Atmosphäre des Films. Dadurch entzieht sich der Film auch klaren Schuldzuweisungen und zeigt, wie komplex die Grenzlinie zwischen Täter*innen und Betroffenen sein kann.
Noviembre ist kein Film, der historische Ereignisse actionreich darstellt. Er ist ein Film, der einen Raum für Erinnerungen, Hinterfragen und Mitgefühl öffnet. Die Erzählweise ist ungewohnt: Es gibt keine Held*innen, keine klaren Erläuterungen und nur einen engen Schauplatz. Wer eher an schnelle Handlungen gewöhnt ist, könnte sich schwertun. Durch die fehlenden klaren Erklärungen könnte es für Zuschauer*innen außerhalb Kolumbiens außerdem schwierig sein, die politischen Hintergründe vollständig zu verstehen. Wer das Vorwissen nicht hat, sollte sich auf jeden Fall vorher ein bisschen informieren, um den Geschehnissen besser folgen zu können.
Die Wirkung des Films liegt vor allem in der radikalen Menschlichkeit. Die Nähe, die Enge und die unaufgelösten Spannungen hinterlassen einen nachhaltigen Eindruck – weniger in Form einer historischen Erklärung, sondern als emotionale Erfahrung eines nationalen Traumas. Noviembre ist ein Werk, das nicht nur erinnert, sondern auch zum kollektiven Nachdenken anregt.
Für eine intensives Filmerlebnis, das lange nachwirkt, ist Noviembre auf jeden Fall zu empfehlen.