Surviving Earth (2025)

Trigger-Warnung: Kriegsthemen und Drogensucht
Filmkritik:
Bei Surviving Earth handelt es sich um den Debutspielfilm von Autorin und Regisseurin Thea Gajic. Dieser feierte seine Weltpremiere im März 2025 bei dem South by Southwest Filmfestival in London. Vor ihrem ersten Spielfilm arbeitete Gajic an einer Handvoll von Kurzfilmen, Musikvideos und war unter anderem auch als Songwriterin tätig. Thea Gajic erhielt 2024 den Titel als eine der „Screen Internationals Stars of Tomorrow“.
Surviving Earth ist ein 100-minütiges Filmdrama, das auf wahren Begebenheiten basiert, im Vereinigten Königreich produziert und in der Hafenstadt Bristol gedreht wurde. Der Film erhielt eine Nominierung beim San Francisco Internationalen Filmfestival 2025 als bester Spielfilm und beim SXSW 2025 die Nominierung für den Publikumspreis in der Sektion Narrative Spotlight. Im Film spielen unter anderem Stuart Martin als Misko (Army of Thieves) und Slavko Sobin (The Old Guard 2, Papillon) mit, der den Protagonisten Vlad Gajic verkörpert.
Vlad (Slavko Sobin) ist ein ehemaliger Drogenabhängiger, der heute als Suchtberater arbeitet. Sein größter Wunsch ist es, ein gutes Verhältnis zu seiner erwachsenen Tochter Maria (Olive Gray) zu pflegen und mit seinem Freund Misko (Stuart Martin) und seiner Balkan-Band als Mundharmonikaspieler Karriere zu machen. Bescheidene Ziele, könnte man meinen, doch die Dinge verkomplizieren sich, als er in finanzielle Schwierigkeiten gerät – seine Mutter und sein Bruder in Serbien setzen ihn zusätzlich unter Druck – und seine Ambitionen übersteigen seine Möglichkeiten. Dies führt ihn in eine Abwärtsspirale, die mit einem Trauma aus seiner Vergangenheit zusammenhängt.
Vlad verfolgen alltägliche Probleme, in denen sich viele Menschen wiedererkennen können, seien es finanzielle, familiäre, berufliche oder das Leben als Fremder in der Diaspora. Außerdem kämpft Vlad mit schweren Themen aus seiner Vergangenheit, wie die Drogensucht oder ein Kriegstrauma als Soldat im Jugoslawien-Krieg in den 90ern, welcher ebenfalls der Grund für seine Flucht in das Vereinigte Königreich war.
Je weiter sich die Geschichte entfaltet, desto mehr sieht man, welchen extremen Einfluss Vlads Kriegstrauma auf ihn hat. Er leidet oft unter Aggressionsproblemen, impulsivem Verhalten, er hat bestimmte Ticks in stressigen Situationen und zudem Panikattacken. Sein selbstdestruktives Verhalten wird im Film thematisiert und seine (früheren) Probleme mit der Drogensucht werden gegen Ende des Films beleuchtet.
Trotz allem, was Vlad in seinem Leben widerfahren sind, ist er ein sehr positiver und resilienter Mensch, er ist sehr charmant und lustig, er verzaubert förmlich die Menschen um ihn herum. Seine Person, sein Charakter sind das, was ihm sein Leben lang dabei geholfen haben, seine Probleme zu bewältigen. Doch irgendwann holt ihn sein Trauma ein und seine Welt fängt langsam an zu bröckeln.
Die Komplexität von Vlads Charakter wird durch filmsprachliche Mittel unterstrichen. Kameramann Olan Collardy (bekannt für seine Arbeit an der herausragenden Indie-Rom-Com Rye Lane) entführt uns visuell in eine Geschichte, die Vlad ernst nimmt, indem er Dramatik erzeugt, ohne dabei auf übertriebenen Hochglanz zu setzen. Gleichzeitig vermittelt die fröhliche Balkanmusik von Hugo Brijs, die das Geschehen begleitet, ein Gefühl von Lebendigkeit.
Die Schauspielenden wirken sehr natürlich in ihrem Spiel, vor allem Slavko Sobin ist phänomenal. Auch kinematographisch ist der Film unfassbar gelungen. Von der Beleuchtung bis zur Kameraeinstellung ist alles offensichtlich durchdacht. Zudem ist die kulturelle Repräsentation authentisch und achtet auf die kleinsten Details. Wie z. B. typische jugoslawische Gerichte, obwohl diese womöglich eher beiläufig in einer Szene erscheinen mögen.
Dennoch fehlte mir persönlich ein stärkerer Fokus auf Vlads Kriegstrauma. Wenn man Personen kennt, die ein Kriegstrauma haben, erkennt man auch bei Vlad offensichtliche Verhaltensmuster wieder, z. B. sein Suchtverhalten. Wer Menschen mit Kriegstraumata kennt, weiß zudem, wie bestürzend es ist, wie tiefgreifend so ein Trauma ist. Es verändert teilweise die Persönlichkeit von Menschen unwiderruflich. Das Kriegstrauma belastet nicht nur die traumatisierte Person, sondern auch alle Geliebten in ihrem Umfeld. Thea Gajic will mit dem Film Menschen zum Nachdenken bringen. Gerade als Debutfilm ist dies ein ebenso mutiges wie herausforderndes Thema.
Der Film zeigt, dass, egal wie stark ein Mensch ist und egal wie glücklich er erscheint, das eigentliche Problem, wenn man es nicht erfasst und daran arbeitet, einen letztendlich einholt. Es ist ein Film, der darauf aufmerksam macht, welche gravierenden Auswirkungen ein Krieg auf die Psyche eines Menschen hat, und zwar sein ganzes Leben lang. Ich hätte mir gewünscht, dass die Auswirkungen eines Kriegstraumas noch mehr beleuchtet worden wären, da der Film trotz aller Bemühungen den realen Auswirkungen von Kriegstraumata und den lange nachwirkenden Schrecken des Krieges doch nur nahe kommt.