Ascot am Alpheios

Pferderennen in Olympia

(This text is also available in English)

„Als zähmbares und züchtbares, als von Menschen lenkbares Geschwindigkeits­tier, mit einem Wort: als animalischer Vektor wurde das Pferd zum politischen Tier und zum wichtigsten Gefährten des Homo sapiens“ (Raulff 2016, 16). Während Pferde heute vor allem als „Sport- und Therapiegerät, Prestigesymbol und Assistenzfigur der weiblichen Pubertät in den historischen Ruhestand“ (Raulff 2016, 17) gewechselt haben, prägten sie in vorangegangenen Jahrhunderten zahlreiche Aspekte des menschlichen Alltags. Auch in der griechischen Antike spielten Equiden eine nicht zu unter­schätzende Rolle sowohl im Mythos als auch bei der Kriegsführung, beim Trans­port oder auch als preisintensive Wertanlage der Eliten. Pferde hatten in Olympia unter­schiedliche Aufgaben­bereiche, da ohne sie der schnelle Trans­port besonders von Personen oder Nachrichten nicht durchführbar gewesen wäre, doch am hervorstechendsten war ihre Rolle bei den im Zeusheiligtum stattfindenden Wettrennen.

Die Olympischen Spiele zogen in der Antike regelmäßig Teilnehmer und Zuschauer aus allen Gebieten der griechischen Welt an. Die hippischen Agone galten als besonders publikumswirksam, da sie jenen eine willkommene Gelegenheit zur Repräsentation boten, deren soziale und finanz­ielle Stellung ihnen den Unter­halt von Reitpferden oder Gespannen erlaubte. Hierfür wurde ein enormer logistischer Aufwand sowie hohe Kosten in Kauf genommen. Denn es mussten nicht nur die am Wettkampf teilnehmenden Pferde und die zugehörigen Rennwägen nach Olympia gebracht werden, sondern darüber hinaus auch noch Zubehör und Ersatzteile sowie fach­kundiges Personal. Um den Tieren die Anpassung an die neue Umgebung zu erleichtern scheint es außerdem wahrscheinlich, dass zumindest ein Grundvorrat des Futters mitgeführt wurde, an das sie gewöhnt waren. Diese Trans­porte fanden je nach Heimat der Rennstallbesitzer über den Land- und Seeweg statt und erforderten ein hohes Maß an Planung und finanz­iellen Mitteln.

Auch in Olympia selbst musste die entsprechende Logistik vorhanden sein, um es den Tieren zu ermöglichen sich zu akklimatisieren und den Trainingsausfall wieder aufzuholen. Trainer, Tiere und Zubehör mussten also entsprechend lange vor Beginn der Spiele anreisen, um zum Wettkampftermin in Bestform zu sein.

Belohnt wurden diese Mühen durch das hohe Publikumsinteresse an den hippischen Agonen, welches sich auch durch die ständigen Erweiterungen des Wettkampf­programms zeigte. Ein „alle Wettkämpfe überragenden Rang“ (Mallwitz 1972, 66) scheint aber, wie bereits in den homerischen Epen, dem Rennen mit dem Viergespann vorbehalten gewesen zu sein. Seit 680 v. Chr. fanden die Wettkämpfe im olympischen Hippodrom statt, der sich laut Pausanias südlich des Stadions über mehr als einen halben Kilometer nach Osten erstreckte. Er gibt eine ausführliche Beschreibung der Anlage mit mehreren Bauten, beispielsweise der ausgeklügelten Startanlage hinter der Stoa des Agnaptos (Paus. VI 20,10–14). Als weitere Strukturen werden im Zusammenhang mit dem Hippodrom die Wendemarken sowie der Altar des Taraxippos, des Pferdeschrecks, erwähnt. Die begründete Hoffnung, Reste dieser Strukturen nachweisen zu können, führte zu Begehungen und Unter­suchungen des südöstlichen Heiligtumareals. Allerdings konnten trotz aller Bemühungen bisher keine Reste baulicher Strukturen nachgewiesen werden, die in Verbindung mit dem Austragungs­ort der hippischen Agone gebracht werden könnten (Senff 2013).

Auch der Ostgiebel des Zeustempels zeigt die Vorbereitungen zu einem Wagenrennen. Dargestellt wird hier eine Variante des olympischen Gründungs­mythos, in welcher der Ursprung der Spiele auf einen Wettkampf zwischen Pelops und Oinomaos zurückgeführt wird. Nachdem ersterer den Sieg mit unlauteren Mitteln errang, soll er zur Sühne die Olympischen Spiele gestiftet haben. Bereits Pausanias berichtet, dass bei Grabungs­arbeiten in der Nähe der Säule des Oinomaos unter anderem Teile von Pferdegeschirr zutage traten (Paus. V 20,8). Des Weiteren zeugen Bronze- und Terrakottavotive, Fragmente von Standbildern oder Wagenteile als materielle Hinterlassenschaften von der Präsenz der Pferde im Zeusheiligtum.

Sandra Zipprich, 22. September 2017

Sandra Zipprich ist Doktorandin an der Universität Marburg und Mitglied des Olympia-Projektes des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) in Athen.

 

Mehr zu diesem Thema:

Pausanias, Reisen in Griechenland. Gesamtausgabe in drei Bänden auf Grund der kommentierten Über­setzung v. Ernst Meyer, hg. v. Felix Eckstein, 3. vollständige Ausg. (Zürich–München 1986).

S. Bell – C. Willekes, Horse Racing and Chariot Racing, in: G. L. Campbell (Hrsg.), The Oxford Handbook of Animals in Classical Thought and Life (Oxford 2014) 478–490.

A. Mallwitz, Olympia und seine Bauten (München 1972).

U. Raulff, Das letzte Jahrhundert der Pferde. Geschichte einer Trennung (München 2016).

R. Senff, Olympia. Das Hippodrom, 2013, <https://www.dainst.org/projekt/-/project-display/33190> (26.07.2017).

Nach oben