Die Christianisierung Makedoniens
Von Paulus bis in die Spätantike
Ihren Anfang nahm die Christianisierung Makedoniens und somit gleichzeitig der europäischen Welt durch einen Traum des Apostel Paulus. In der biblischen Apostelgeschichte wird davon berichtet: Ein Makedonier sei Paulus erschienen und hätte ihn um Hilfe gebeten. Entschlossen, das Evangelium in Makedonien zu verkünden, brachen Paulus und sein Vertrauter Silas ihre missionarischen Tätigkeiten in Kleinasien unvollendeter Dinge ab und gingen im Jahr 49/
Philippi stellte die erste bedeutende Station des Apostels in Makedonien dar, da Paulus dort die erste christliche Gemeinde Europas gründete. In der Folgezeit entwickelte sich zwischen Paulus und der dortigen Gemeinde eine besondere Verbundenheit, von welcher ein erneuter Besuch des Paulus in Philippi – im Jahre 58 – und der in der Bibel enthaltene Philipperbrief zeugen. Von dieser engen Verbindung zum ,Heidenapostel‘ profitierte die Gemeinde Philippis in besonderem Maße, wie ein – wohl Anfang des 2. Jahrhunderts verfaßter – Brief Polykarps, des bedeutenden Bischofs von Smyrna, bezeugt (Kap. 3). Nach der Legalisierung des Christentums 313 lassen sich in Philippi vermehrt christliche Zeugnisse in Form von Inschriften, aber auch ersten Bauwerken nachweisen. Diese Tendenz verstärkte sich in der Folgezeit, bis das Christentum ab dem 5. und 6. Jahrhundert zur dominierenden Kraft wurde. Neben der vermehrten Errichtung monumentaler Bauwerke zeugen auch zahlreiche Inschriften von einer sich nun als christlich verstehenden Stadt.
Nach Beendigung seiner missionarischen Tätigkeit in Philippi gelangte Paulus nach Amphipolis. Auch wenn Amphipolis für Paulus nur eine Durchgangsstation auf seiner Reise durch Makedonien war, sollte man die Wirkung seines Besuches nicht unterschätzen. Zwar datieren die ersten christlichen Überlieferungen aus Amphipolis sehr spät, sie sind dafür aber um so imposanter. Im 5./6. Jahrhundert entstanden innerhalb kurzer Zeit fünf christliche Kirchen. Inschriften bezeugen zudem eine vitale christliche Gemeinde.
Dion wurde von Paulus zwar nicht besucht, doch nirgendwo zeichnet sich der Übergang vom Heiden- zum Christentum so deutlich ab. Den ersten Nachweis für die Existenz christlichen Glaubens liefert ein für 343 belegter Bischof. Das Amt des Bischofs ist im Übrigen eine Gemeinsamkeit, welche man in allen vier untersuchten Städten findet. Im weiteren Verlauf entstanden in Dion zwei Basiliken, und auch christliche Inschriften zeugen von einer zunehmenden Ausbreitung des Christentums.
Den Höhepunkt der Reise des Paulus markiert der Besuch Thessalonikis. Dort gründete Paulus 49/
Auch wenn Makedonien nicht in seiner Gänze erfasst wurde, so lässt sich aufgrund der aktuellen Quellenlage nur schwerlich ein einheitliches Bild für die Christianisierung in Makedonien zeichnen. Während sich Philippi und Thessaloniki beinahe adäquat in die drei genannten Phasen einteilen lassen, sind für den Beginn der Christianisierung in Amphipolis und Dion beinahe keine Zeugnisse vorhanden. Trotzdem kann davon ausgegangen werden, dass die Christianisierung in Amphipolis und Dion nicht aus heiterem Himmel eintrat, sondern ebenso auf einem bereits gewachsenen frühchristlichen Fundament beruhte. Letztlich bleibt die Erforschung der Christianisierung im Römischen Reich eine ebenso schwierige wie wichtige Aufgabe.
Nils Roßnagel, 13. März 2019
Nils Roßnagel studiert Geschichte (Master of Education) an der Universität Mannheim und verfasste seine Bachelorarbeit über die Christianisierung Makedoniens.
Weiterführende Literatur
Winfried Elliger, Mit Paulus unterwegs in Griechenland. Philippi, Thessaloniki, Athen, Korinth, Stuttgart 2007.
Hartmut Leppin, „Christianisierungen im Römischen Reich. Überlegungen zum Begriff und zur Phasenbildung“, in: Zeitschrift für Antike und Christentum 16 (2012), 247–278.
Hartmut Leppin, Die frühen Christen. Von den Anfängen bis Konstantin, München 2018.
Walter Ameling (Hg.), Die Christianisierung Kleinasiens in der Spätantike (Asia Minor Studien 87), Bonn 2017.