Der römische Circus

Der Circus war der Schauplatz für die römischen Pferderennen, er konnte aber auch für Tierhetzen und andere Spektakel genutzt werden. Er hatte einen langgezogenen, ovalen Grundriss; so entstanden zwei lange Rennbahnen in der Arena, die in der Mitte durch eine Absperrung („spina“ oder später „euripus“ genannt) getrennt wurden. An den runden Enden der Arena befanden sich jeweils Wendesäulen für die Wagenlenker, damit diese leichter in die nächste Bahn einbiegen konnten. Mit der Zeit entwickelte sich der „spina“ zu einem beliebten Platz, um dort Statuen oder Trophäen auszustellen. In den größten Circussen stellte man hier sogar aus Ägypten herangeschaffte Obelisken aus. Zusammen mit dieser mittleren Absperrung waren Starttore („carceres“) für die Rennwagen ein wichtiger Bestandteil eines römischen Circus.

Circusse fanden sich im gesamten Römischen Reich, allerdings wurden sie seltener gebaut als Amphitheater, da sie viel größer und so auch teurer waren. So zeichnet ihre Präsenz in einer Stadt diese Stadt als kulturell bedeutenden Ort aus. Im Westen des Reiches hatten die Arenen der Circusbauten, nach dem was wir aus archäologischen Funden rekonstruieren können, durchschnittlich eine Länge von 400–450m. Besonders beliebt scheinen Wagenrennen auf der Iberischen Halbinsel gewesen zu sein, dort wurden die Überreste von circa 12 Circussen gefunden. Im Osten des Reichs, wo die ursprüngliche griechische Bezeichnung Hippodrom geläufig blieb, hatten vor allem die besonders romanisierten Städte einen Circus. Die Circusse im Osten wurden oft später gebaut und sind weniger einheitlich: zum Beispiel finden wir dort  kleinere Versionen mit Arenen von nur 300m Länge. Die einzig wirklich monumentalen Circusbauten im Osten standen in Korinth und Thessaloniki (heutiges Griechenland) und glichen, was ihre Größe angeht, ihren weströmischen Pendants. Die Bewohner im Osten des Reichs nutzten einen Circus nicht nur für Wagenrennen sondern auch für athletische Wettbewerbe und Gladiatorenkämpfe.

Der bekannteste und größte antike Circus ist der Circus Maximus in Rom. In der Hauptstadt gab es neben diesem Circus aber auch noch weitere, z. B. den Circus Flaminius oder den Circus von Nero, von dem vermutet wird, dass er ausschließlich für die höfische Gesellschaft gedacht und das gemeine Publikum dort nicht erwünscht war. Ein gut erforschter Circus außerhalb von Rom ist zum Beispiel der in Leptis Magna (heutiges Libyen) aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. In Arles und Vienne im heutigen Frankreich wurden ebenfalls gut erhaltene antike Circusbauten gefunden. Die Obelisken, die wie im Circus Maximus in ihrer Mitte aufgestellt worden, stehen allerdings heute an anderen Plätzen. In Istanbul findet man heute noch in der Nähe der Sultan-Ahmed-Moschee (der Blauen Moschee) die Überreste des Circus des Kaisers Theodosius I. (379–395 n. Chr.) mitsamt den dazugehörigen Obelisken, von denen einer tatsächlich aus Ägypten stammt und der andere im ägyptischen Stil nachgemacht wurde. Weil Istanbul – in dieser Zeit Konstantinopel genannt – die Hauptstadt des oströmischen Reich war, war dieser Circus in der Spätantike und im Byzantinischen Reich noch wichtiger als der Circus Maximus in Rom.

Konstanze Schiemann

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