Galens Kritik an der Athletik

Galen (129 – nach 210 n. Chr.), einer der bedeutendsten antiken Ärzte und ein gelehr­ter Mann mit einem breiten Interesse an Philosophie und Literatur, vermischt die Kritik der früheren Autoren mit seiner eigenen versteckten Botschaft: Er wollte für die Medizin werben. Medizin­wissenschaft in der Antike war ein regelrechter Wettkampf. Da es keine klaren Regeln gab, musste jeder selbst dafür Sorge tragen, dass er einen guten Ruf hatte und für sich mittels Rhetorik werben.

Galens Werk ist gleichzeitig sowohl ein Plädoyer für die Medizin­wissenschaft als auch eine Hetze gegen die Gefahren von körperlicher Überanstrengung. Aufgrund menschlicher Intelligenz könnten Männer entweder ihre geistigen oder – wie die Tiere – ihre körperlichen Fähigkeiten weiterentwickeln. Sich dafür zu entscheiden, diese animalischen Fertigkeiten zu verbessern, obwohl es eine bessere Möglichkeit gegeben hätte, war der große Fehler der Athleten. Daher verglich Galen die Sportler oft mit Tieren, meistens mit Schweinen (wegen ihrer Essgewohnheiten). Auch hielt er es für unnütz, Kraft oder Schnelligkeit zu trainieren, da Tiere in dieser Sache klar überlegen seien. Kein Mann könnte jemals so stark wie ein Löwe oder so schnell wie ein Hase sein.

  • QUELLE: Galen, Thrasybulus 37

    Galen vergleicht Sportler mit Schweinen.

    Wir sahen, dass man ihr ganzes Leben in folgendem Kreislauf zusammenfassen kann: Entweder sie essen, oder sie trinken, oder sie schlafen, oder sie sitzen auf der Toilette oder aber sie wälzen sich in Staub und Schlamm.

Allerdings verurteilte Galen körperliche Ertüchtigung nicht generell. Sport könnte der Gesundheit zuträglich sein, sofern er mit Mäßigung betrieben würde. In seinem Werk „Übungen mit einem kleinen Ball“ lobt Galen den Ballsport als einen idealen und ausgewogenen Sport, da das Spiel mit einem Ball ein vollständiges Training für Körper und Geist darstelle und – anders als die Athletik – Spaß mache.

  • QUELLE: Galen, Protrepticus 11

    Der Arzt Galen äußert sich kritisch über das ungesunde Verhalten der Athleten: Sie trainieren zu viel und essen zu viel.

    Niemand ist in solch einer schlechten körperlichen Verfassung wie sie, zumindest wenn wir darin Hippokrates folgen, der sagt: „Die Topform, nach der sie streben, ist gefährlich.“ Auch ist „Übung im Gesundsein, Mäßigung beim Essen und Entschlossenheit bei Anstregungen“ ein schöner Satz des Hippokrates und wird daher auch von allen gelobt. Aber die Athleten machen genau das Gegenteil: Sie strengen sich exzessiv an und stopfen sich mit Essen voll. Sie ignorieren alle Worte des alten Hippokrates, ganz genau so, als ob sie betrunken wären. Denn er hat ein Programm zur Förderung der Gesundheit vorgeschlagen: in allem mäßig sein, nämlich hinsichtlich Anstrengungen, Essen, Trinken, Schlaf und Sex. Aber sie trainieren viel zu hart jeden Tag und sind zu einer strengen Diät gezwungen, so dass sie oft bis Mitternacht essen.